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Beschreibung

Aufsatz von Michael Mertins

Der Film „Derby der Pedale"
Der Tonfilm von Johannes Lüdke (Regie) und Konstantin Boenisch (Technik) ist ein außerordentliches Zeitdokument. Er berichtet über die zweite Deutschlandfahrt der Straßenprofis nach dem Zweiten Weltkrieg. Aus einem weißen BMW-Cabriolet heraus wurden Aufnahmen vom Renngeschehen, von den Städten und Landschaften gemacht und professionell zusammengeschnitten und kommentiert. Der Film wurde produziert von „Zeit im Film", der Filmabteilung des „Hohen U.S. Kommissars/Deutschland". Die zwei Filmrollen ergeben eine Länge von 36 Minuten und zeigen in teilweise dramatischen Bildern die spannende Jagd nach dem Gesamtsieg. Seine Erstaufführung hatte der Dokumentarfilm Dezember 1949 im Metropol-Palast in Stuttgart, danach lief er in verschiedenen westdeutschen Kinos mit dem Ziel der Re-Education. Als Zufallsfund vom Dachboden der Firma ZF in Brackwede (ehem. Gebäude der Fahrradfabrik RABENEICK)kamen die Filmrollen vom „Derby der Pedale" 2015 wieder ans Tageslicht. Durch glückliche Umstände überlebte die erste Filmrolle mehr als 60 Jahre Lagerung, die zweite Rolle hingegen war durch Umwelteinflüsse zerstört. Auf Hinweis eines Berliner Filmhistorikers gelang es dem Förderverein Radrennbahn bei der Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung in Wiesbaden eine brauchbare Filmkopie mit Tonspur aufzuspüren. Mit Fördergeld des NRW-,,Heimatministeriums" konnte der Film in HD-Qualität digitalisiert und bildtechnisch nachbearbeitet werden. Der Dokumentarfilm lief seinerzeit in deutschen Kinos zusammen mit dem amerikanischen Dokumentarfilm „Nanuk, der Eskimo", weil „Derby der Pedale" allein kein abendfüllendes Programm ergeben hat. Für die Kinobesucher gab es ein Preisausschreiben der Firma RABENEICK, bei dem man ein Fahrrad gewinnen konnte. Die Deutschlandfahrt 1949 „Quer durch Deutschland um das Grüne Band der IRA" heißt der genaue Titel des Straßenrennens, das im Mittelpunkt des Films steht. IRA steht für den Ausrichter, die INDUSTRIEGEMEINSCHAFZTU R FÖRDERUNGD ES RADFAHRWESENS. Da an der „Tour de France" nach dem Zweiten Weltkrieg vorerst keine deutschen Fahrer teilnehmen durften, wurden von der IRA und dem BDR seit 1948 deutsche Langstreckenrennen organisiert. Das Straßenrennen lief vom 9. bis 23. Juli 1949 über gut 2.800 km, es starteten 61 Fahrer, das Ziel erreichten nur 37. Der Gesamtführende fuhr im weißen Trikot (dem sog. Leichenhemd) im Gegensatz zur „Tour de France", wo der Spitzenreiter ein gelbes Trikot trägt. An den Start gingen im extrem heißen Sommer 1949 die Profiteams von neun deutschen Fahrradfabriken: • DÜRKOPP - Bielefeld mit Otto Weckerling, Werner Richter, Heinz Zoll, Peter Schulte, Emil Kijewski u. a. • RABENEICK - Bielefeld mit Harry Saager, Werner Holthöfer, Rein hold Stein hilb, Lothar Ehmer u. a. • MEISTER - Bielefeld mit Heinrich Kopf, Ludwig Ruckteschler, Gerhard Bartkowski u. a. • GOLD-RAD (Fa. Goldberg) - Köln mit Willy Brunner u. a. • PATRIA WKC - Solingen mit Erich Bautz u. a. • EXPRESS- Neumarkt bei Nürnberg mit Fritz Scheller, Philipp Hilbert u. a. • BAUER - Klein-Auheim/Main mit Heinz Müller, Ludwig Hörmann u. a. • BISMARCK - Radevormwald mit Günther Pankoke (Bielefeld) u. a. • HEIDEMANN - Einbeck mit Willy Kubatz, Siegfried Grigat u. a. In 13 Etappen ging es von Hamburg nach München. Etappenziele waren Hannover, Bielefeld, Dortmund, Köln, Frankfurt, Mannheim, Freiburg, Waldshut; Singen, Wangen, Garmisch-Partenkirchen und Bad Reichenhall. Gesamtsieger wurde Harry Saager auf RABENEICK mit einer Fahrtzeit von 85 Std. 15 Min., Zweiter wurde Erich Bautz (PATRIA WKC) in 85 Std. 20 Min. und Dritter wurde Reinhold Steinhilb (RABENEICK) in 85 Std. 24 Min. Den vierten und fünften Platz belegte das DÜRKOPP-Team mit Werner Richter und Otto Weckerling mit 20 Minuten Rückstand auf den Dritten - für die Bielefder Fabrikmannschaften eine grandiose Bilanz! (Text: Michael Mertins, Förderverein Radrennbahn e. V.)